Jetzt also auch noch im Fernsehen: Ich war neulich mit dem Team der NDR Nordtour auf den Nordpfaden unterwegs. Das Ergebnis findet ihr in der Mediathek:
Mein neues Wanderprojekt: Vom Wümmeberg bis zur Weser
Sollte dies der Auftakt eines großen Abenteuers werden? Wenn ja, dann riecht er nach Pferdemist und kostet sechs Euro. So viel muss ich nämlich dem ausnahmslos unintuitiv bedienbaren Parkautomaten zustecken, damit ich hier parken darf. Alternativ hätten es auch vier Euro getan, aber dann müsste ich in vier Stunden wieder beim Auto sein. Doch da ich mein neues Wanderprojekt dieses Mal ohne die ausführlichen Zeitangaben eines Tourenbegleiters bestreite und mich gänzlich auf meinen nachweislich nicht vorhandenen Orientierungssinn und Angaben von Komoot verlassen muss, mache ich mir wenig Hoffnungen, nach vier Stunden wieder hier zu stehen. Und „hier“ heißt in dem Fall, mitten in der Heide. Mein neues Wanderprojekt startet in Niederhaverbeck und endet – falls ich alles richtig mache – in einigen Monaten in Bremen. Mein Plan: Ich folge der Wümme von der Quelle beim Wümmeberg bis zur Weser, wobei die Wümme auf den letzten zehn Kilometern bereits die Lesum ist.
Seit über zwei Jahren gärt diese Idee in meinem Kopf. Ich stand stundenlang vor der Landkarte, die in der Küche hängt, und folgte der Wümme immer wieder mit dem Finger, stoppte an Orten wie Rotenburg, Fischerhude und Ottersberg und war fasziniert von den Windungen, die der Flusslauf beschreibt. Die Wümme hatte mich bereits bei den Nordpfad-Wanderungen immer wieder in ihren Bann gezogen, die weiten Wümmewiesen haben mein Herz besonders im kargen Winter erobert. Und ich war mir von Anfang an sicher, dass mich auch die moorigen Gebiete, die Heidelandschaften bei der Quelle und vor allem die grünen Flächen bei Blockland begeistern würden. Doch bis dahin liegt ein weiter Weg vor mir.
Die große Herausforderung war und bleibt die Planung. Denn ich wollte mich nicht direkt am Ufer langarbeiten, hier würde ich nur in den seltensten Fällen Wege finden. Außerdem mussten die Touren zu meinem Alltag passen, idealerweise also als Rundweg wieder zu meinem Ausgangspunkt zurückführen. Auf gut markierte Wanderwege würde ich kaum vertrauen können, denn dies sind nicht etwa die Nordpfade, sondern meine eigenen Wanderträume. Und trotzdem bin ich mir absolut sicher, dass ich am Ende die Weser erreichen werde. Glücklich. Zufrieden, voller Eindrücke und Naturerlebnissen.
Doch zunächst bleibt der Start in der Heide, der mich eigentlich zur Quelle beim Wümmeberg führen soll – einen Punkt, den ich an diesem Tage nicht erreichen werden, soviel sei schon mal erwähnt. Denn eine Absperrung untersagt mir das Betreten der Heideflächen. Doch ich werfe vom Wümmeberg aus einen Blick auf das Quellgebiet, das an diesem heißen Tag vor allem durch Trockenheit besticht. Während die erste Etappe – und auch die zweite – wenig vom späteren Fluss preisgeben wird und vor allem an Dürre erinnert, werden die folgenden Rundkurse bereits von Wasser dominiert, denn spätestens beim vierten Abschnitt befinde ich mich im Moorgebiet mit schwarzem Brackwasser und modrigem Geruch.
Inzwischen liegen also vier Wanderabschnitte hinter mir, der Pegelstand der Wümme änderte sich bereits sichtlich. Von „nicht vorhanden“ auf rund 50 Zentimeter ist der Fluss angeschwollen, gespeist von reichlich Moorwasser und kleinen Zuflüssen. Rund 15 weitere Rundwege liegen vor mir und ich bin wahnsinnig glücklich, dass ich dieses Projekt endlich in Angriff genommen habe… Rein ins Mikroabenteuer!
Mein Buch ist da ...
Die erste Auflage meines Werks hat sich in den ersten zwei Monaten unwahrscheinlich gut verkauft und das Interesse am Buch ist erfreulich groß. Inzwischen durfte ich die ersten Lesungen halten, Zeitungen und Zeitschriften haben über das Buch und meine Wanderungen berichtet und sogar ein Radiointerview und Podcasts standen in meinem Terminkalender.
Die nächsten Lesungen sind derzeit in Planung. Mehr erfahrt ihr unter Termine.
Zu Gast beim Podcast:
Habt ihr schon reingehört? Udo Fischer und ich sprechen im Podcast Kreis und Quer über die Nordpfade:
Die 24 NORDPFADE im Landkreis Rotenburg (Wümme) liegen hinter mir. Von Juli 2022 bis März 2023 habe ich einen NORDPFAD nach dem anderen bezwungen.
Anfang 2022 steckte ich in einer nicht wirklich vorhandenen Lebenskrise. Die Kinder waren aus dem anstrengenden Baby-Alter raus und glitzerten bei ihren ausufernden Bastelaktionen das ganze Haus voll. Im Job habe ich mich als Technische Redakteurin vollends etabliert, übernahm verantwortungsvolle Aufgaben, die meine Halbtagsstelle um zwei weitere Vollzeitstellen überstiegen und war dabei, die Weltherrschaft zu übernehmen. Doch irgendwas fehlte mir. Ich wollte raus aus dem Hamsterrad und neue Ufer erkunden. Ich las zahlreiche Bücher über Menschen, die ihren Job gekündigt, ihr Haus verkauft haben und in ferne Länder gereist sind. Sie haben Fernwanderungen unternommen, sind auf dem SUP durch ganz Deutschland gepaddelt oder haben mit ihren Esel die Alpen überquert. Ich wusste: Das will ich auch. Aber nicht ganz so radikal. Ich wollte den Hape Kerkeling machen, ohne in überfüllten Hütten zu schlafen, mein großes Geschäft mit einer Schaufel zu verbuddeln oder meine Zehennägel zu verlieren. Doch wie?
Die Eingebung folgte auf der Autobahn. Ich fuhr am NORDPFADE-Schild beim Grundbergsee vorbei. Das Schild wurde plötzlich von einem einzelnen Sonnenstrahl erleuchtet, ein Chor stimmte engelsgleichen Gesang an und Konfetti fiel vom Himmel – na ja, zumindest kam es mir so vor. Eine Recherche im Internet formte die Eingebung zu einer ausgereiften Idee: Ich würde die 24 NORDPFADE in der Region Rotenburg Wümme abwandern. Und zwar innerhalb eines Jahres.
Die NORDPFADE sind Wanderwege mit einer Länge zwischen 5 und 32 Kilometern Länge und bieten damit Tagestouren für Anfänger und Fortgeschrittenen. Da ich selber im Landkreis Rotenburg wohne, kann ich alle NORDPFADE in maximal einer Stunde Autofahrt erreichen und bei den kürzeren Strecken sogar meine Familie mitnehmen. Ein idealer Kompromiss zwischen „Ich lasse mein altes Leben hinter mir und wandere monatelang den Appalachian Trail ab“ und „Ich versauere in meinem Alltagstrott“.
Also machte ich mich im Sommer 2022 auf dem Weg zum ersten Mal. Ich startete mit dem NORDPFAD Kempowskis Idylle – mit 11,6 Kilometern ein eher kürzerer Wanderweg, den ich mit einer großen Portion an Selbstüberschätzung gestartet und völlig entkräftet beendet hatte. Daraufhin folgte eine längere Pause, bis ich im Oktober feststellte, dass zwar einige Monate ins Land gezogen, der Sommer vorbei und kaum ein NORDPFAD von mir abgewandert wurde. Bei 24 NORDPFADEN und 12 Monaten musste ich zwei NORDPFADE pro Monat abwandern – bisher hatte ich 2,5 NORDPFADE in fast vier Monaten geschafft. Dazu kam: Ein Buchverlag wollte meine Erfahrungen auf den Wanderungen herausgeben und brauchte das fertige Manuskript möglichst im März 2023.
Leicht unter Druck gesetzt und mit einem wahren Kraftakt wanderte ich den gesamten Herbst und Winter durch. Bei Schnee, bei Eis und Minusgraden, bei Nebel und erstaunlich wenig Regen. Selbst bei Sturm zog es mich auf die NORDPFADE und ich wurde süchtig nach dem Wandern und nach den NORDPFADEN. Ich entdeckte meine Wahlheimat zu Fuß, sah wunderschöne Moore, dunkle Seen, weite Wiesen und Niederungen, traf auf unzählige Flüsse und Wälder und genoss jeden einzelnen NORDPFAD. Doch auch die Angst wanderte besonders zu Beginn mit. Axtmörder, Wölfe, wildgewordene Wildschweine – meine Fantasie lief insbesondere bei Nebel und in mystischen Moorgebieten zu Hochtouren auf. Die Ängste wurden mit jeder Wanderung weniger – mein steter Hunger jedoch nicht. Keine Wanderung ging mir ohne Pausenbrot, Muffins oder Schokolade von den Beinen – auch nicht die kürzeren Strecken. Denn: Wo Kuchen ist, da ist auch Hoffnung.
Die NORDPFADE haben mein Leben verändert – wenn auch weniger radikal als bei Aussteigern wie Christine Thürmer. Die schönsten NORDPFADE und meine Erfahrungen hier werde ich in Kürze mit euch teilen…
Infos zu den NORDPFADE findet ihr hier: www.nordwaerts.de